„Die Umsetzung der betrachteten grünen Klimaanpassungsmaßnahmen wäre für Bremen ökonomisch vorteilhaft“
Prof. Dr. Alexandra Dehnhardt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Im Projekt BREsilient erstellt das IÖW eine Kosten-Nutzen-Analyse ausgewählter Klimaanpassungsmaßnahmen in Bremen.
Frau Prof. Dehnhardt, im 1. BREsilient-Workshop zur ökonomischen Bewertung von Klimaanpassungsmaßnahmen, den das IÖW mitorganisiert hat, wurden drei Schlüsselmaßnahmen aus der Klimaanpassungsstrategie für Bremen und Bremerhaven ausgewählt, die sich für eine wissenschaftliche Betrachtung in Form einer Kosten-Nutzen-Analyse besonders eignen. Können Sie die drei Maßnahmen kurz vorstellen?
Zunächst möchte ich die Einschränkung machen, dass wir uns aufgrund der Förderstruktur des Projektes auf die Schlüsselmaßnahmen der Stadtgemeinde Bremen beschränkt haben. Aus diesen haben wir zwei grüne Klimaanpassungsmaßnahmen ausgewählt, nämlich die ‚Strategie zur Dach- und Freiflächenbegrünung insbesondere bei der Innenentwicklung‘ und das ‚Handlungskonzept Stadtbäume‘. Beide Maßnahmen haben vielfältige positive Wirkungen, wie die Verbesserung des Stadtbildes und der Aufenthaltsqualität, die Bereitstellung von Lebensraum für die biologische Vielfalt, aber auch regulative Leistungen, wie den Wasserrückhalt bei Starkregenereignissen, aber auch den Rückhalt von Treibhausgasen und Luftschadstoffen. Zusätzlich haben wir die Schlüsselmaßnahme ‚Umsetzung von Maßnahmen zur Überflutungsvorsorge bei Kanalerneuerungsprojekten‘ für eine nähere Betrachtung ausgewählt. Diese Maßnahme bietet den Vorteil, dass die Finanzierung dadurch erleichtert wird, dass im Zuge von Baumaßnahmen bei ohnehin anstehenden Kanalerneuerungsprojekten temporäre Rückhalteräume zur Überflutungsvorsorge, gleichzeitig aber auch wassersensible Oberflächen durch Entsiegelung und Begrünung für eine bessere Versickerung und Verdunstung von Regenwasser geschaffen werden können. Eine umfassende Bewertung dieser Maßnahme erwies sich, nicht zuletzt aus Gründen der Datenverfügbarkeit, jedoch als sehr aufwändig, sodass wir sie in die vorliegende Kosten-Nutzen-Analyse nicht eingebunden haben. Die Vorauswahl bedeutet keineswegs, dass einige Schlüsselmaßnahmen wichtiger sind als andere, vielmehr haben Kriterien wie die Erfassbarkeit von Effekten, die Wirkungen auf so genannte Ökosystemleistungen und die Datenverfügbarkeit eine Rolle gespielt. Mit der Orientierung auf grüne Maßnahmen betrachten wir außerdem zwei wichtige gesellschaftliche Herausforderungen gleichzeitig: den Klimawandel und den Verlust der Biodiversität.
Welchen Mehrwert bieten Kosten-Nutzen-Analysen gegenüber bisher verfügbaren Informationen zu diesen Klimaanpassungsmaßnahmen?
Kosten-Nutzen-Analysen bieten wertvolle Informationen über die gesamtwirtschaftlichen bzw. gesellschaftlichen Wirkungen von Maßnahmen, hier mit dem Fokus auf ökologische Effekte, die häufig wenig Berücksichtigung in Entscheidungen finden. Diese Informationen können die Abwägung von Maßnahmen bei strategischen Entscheidungen unterstützen und weitere entscheidungsrelevante Faktoren, wie die Akzeptanz oder Umsetzbarkeit von Maßnahmen ergänzen. Mit den Ergebnissen unserer Analyse kann die gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit für die große Bedeutung von städtischem Grün erhöht werden. Damit bieten wir gute Argumente für Investitionen in zusätzliche Grünmaßnahmen. Für die Konkretisierung von Maßnahmen, z.B. hinsichtlich eines möglichen Maßnahmenumfangs, und die Erfassung und ökonomische Bewertung der Effekte mussten wir allerdings eine Reihe von Annahmen treffen. Für die ganz konkrete, räumlich spezifische Planung von Maßnahmen sind die Ergebnisse weniger geeignet bzw. müssen durch weitere Planungsgrundlagen ergänzt werden.
Neben den Kosten-Nutzen-Analysen hat Ihr Team auch eine regionalökonomische Analyse zu den ausgewählten Klimaanpassungsmaßnahmen durchgeführt. Können Sie kurz erklären, worum es sich dabei handelt?
Regionalökonomische Analysen bieten weitere wertvolle Informationen über die Effekte der Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen auf regional ansässige Unternehmen, da diese letztlich ja die Maßnahmen umsetzen sollen. Die Kosten von Maßnahmen generieren unternehmerische Umsätze, vor allem für Garten- und Landschaftsbaubetriebe, die nicht nur Unternehmensgewinne, sondern vor allem auch zusätzliches Einkommen für die Region schaffen, in Form von Beschäftigteneinkommen, Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen.
Welche Erkenntnisse haben sich aus den Analysen ergeben?
Wir haben die Kosten und Nutzen sowie die regionalwirtschaftlichen Effekte für zwei verschiedene Szenarien berechnet: ein moderates und ein ambitioniertes. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass die betrachteten Maßnahmen bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden. Vor allem Investitionskosten fallen in diesen ersten zehn Jahren an. Viele Nutzen hingegen fallen über einen längeren Zeitraum an oder werden erst später überhaupt wirksam. Bäume, Sträucher und Gräser müssen ja erst einmal wachsen, bevor Treibhausgase zurückgehalten werden oder sie das Stadtbild verschönern können. Daher haben wir den Betrachtungszeitraum bis zum Jahr 2050 erweitert. Die Analysen zeigen aber ein klares Bild: die Umsetzung der betrachteten grünen Klimaanpassungsmaßnahmen wäre für Bremen ökonomisch vorteilhaft! Insbesondere konnten wir den hohen Stellenwert belegen, den städtische Grünmaßnahmen für die Bremer Bevölkerung haben.