„Im Bereich von landwirtschaftlichen Gütern
zeigen sich durch den Klimawandel deutliche Veränderungen in den Anbaubedingungen“

Dr. Esther Hoffmann vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) | © Gordon Welters

Dr. Esther Hoffmann vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) | © Gordon Welters

Dr. Esther Hoffmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Im Projekt BREsilient untersucht das IÖW zusammen mit dem Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) die Auswirkungen des Klimawandels auf Unternehmen der Maritimen Wirtschaft & Logistik sowie der Ernährungswirtschaft.

Sie organisieren zusammen mit dem ISL und dem Bremer Umweltressort die dreiteilige Workshop-Reihe „Bremer Unternehmen im Klimawandel“ und haben darüber hinaus auch viele qualitative Interviews mit Unternehmen der Ernährungswirtschaft geführt. Welche Betroffenheiten zeigen sich in Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels – und welche Lösungsansätze werden von den Unternehmen bisher gewählt?

Im Bereich von landwirtschaftlichen Gütern zeigen sich deutliche Veränderungen in den Anbaubedingungen: Durch Hitze, Trockenheit und extreme Wetterereignisse ergeben sich Lieferausfälle und Qualitätseinbußen. Diese werden zukünftig zunehmen. Zudem verschieben sich teilweise die Regionen, in denen der Anbau bestimmter Güter möglich ist. Gleiches gilt für die Fischwirtschaft: Fischbestände wandern mit zunehmenden Wassertemperaturen weiter nach Norden. Viele Bremer Unternehmen der Ernährungswirtschaft importieren Güter aus fernen Ländern, das macht sie anfällig gegenüber globalen Klimawandelfolgen und Extremwetterereignissen in anderen Teilen der Welt.

Bisher setzen die Unternehmen vor allem auf diversifizierte und breite Beschaffungswege. So haben sie in der Regel mehrere Lieferanten und können bei Extremereignissen oder Ernteausfällen ausweichen. Teilweise lagern sie auch vermehrt Tiefkühlware ein, um bei Lieferausfällen von Frischware stattdessen diese zu verarbeiten. Einige setzen auf intensive Zusammenarbeit mit Lieferanten, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und bei Schwierigkeiten so frühzeitig informiert zu werden und ggf. auch gemeinsam mit den Lieferanten Lösungswege zu suchen. Bisher geht es meist um Lösungen für kurzfristige Probleme, langfristig rechnen die meisten Unternehmen mit gravierenderen Änderungen, beobachten aber im Moment eher die Entwicklungen und warten noch ab.

Bei Ihrer Analyse nehmen Sie insbesondere die Bereiche Fischwirtschaft, Obst & Gemüse sowie Kaffee in den Fokus. Alle haben für das Land Bremen eine große Bedeutung. Zeigen sich in den verschiedenen Bereichen jeweils spezielle Besonderheiten?

Die Unternehmen sind unterschiedlich stark betroffen: Kaffee und Fisch-Unternehmen sind meist stärker spezialisiert als Obst- & Gemüseunternehmen. Letztere haben ein breites Sortiment und nehmen dort ohnehin häufiger Veränderungen vor, hier ist es oft auch leichter auf ein anderes Obst oder Gemüse umzusteigen. Der Kaffeeanbau ist weltweit auf bestimmte Regionen beschränkt und hier wird bis Mitte des Jahrhunderts mit einem deutlichen Rückgang der geeigneten Flächen gerechnet – wenn keine Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden. Hier setzt beispielsweise die Coffee & Climate Initiative an, die Informationen und Schulungen in den Anbauländern organisiert. Die Fischwirtschaft leidet unter steigenden Wassertemperaturen, sinkendem Sauerstoffgehalt des Wassers und Ozeanversauerung. Dies führt zur Verschiebung von Fanggebieten. Hier kann es nötig werden, andere Lieferanten zu suchen oder andere Fischsorten ins Programm zu nehmen.
Die Ergebnisse für alle drei Warengruppen haben wir in Fact Sheets zusammengestellt.

In den ersten beiden Workshops wurde deutlich, dass kooperative Ansätze zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels oftmals vielversprechend sein können. Mögen Sie die kooperativen Maßnahmen, die gemeinsam diskutiert wurden und im abschließenden Workshop weiterentwickelt werden sollen, kurz skizzieren?

Ein Beispiel war das Teilen von Lagerflächen oder Kühlkapazitäten. So kam z.B. die Idee auf, sich gegenseitig mit mobilen Kühlcontainern auszuhelfen. Im neu entstehenden Gewerbegebiet Lune Delta soll es Sharing-Ansätze und beispielsweise geteilte Lagerflächen geben. Es zeigte sich auch, dass verschiedene Unternehmen aus der Ernährungswirtschaft ähnliche Informationsbedürfnisse hatten: wie verändern sich die Anbaubedingungen für ihre Produkte in ihren Beschaffungsregionen? Hier kam die Idee für gemeinsame Informationsangebote oder Forschungsprojekte auf. Diskutiert wurde auch die Frage, wie beim Ausfall eines Verkehrsträgers die Verlagerung auf andere besser koordiniert werden kann, um sicherzustellen, dass prioritäre, beispielsweise verderbliche Waren, bevorzugt transportiert werden. Diese und andere Beispiele wollen wir im dritten Workshop im Rahmen eines Marktplatzes diskutieren und weiterentwickeln.

Der Abschluss-Workshop „Gemeinsam zur Klimaanpassung – Kooperative Maßnahmen für die Logistik und Ernährungswirtschaft“ war für den 17. März geplant. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Coronavirus wurde er verschoben. Sobald der Nachholtermin feststeht, wird dieser umgehend u.a. über die BREsilient-Website bekanntgegeben.