Warenstrom- und Risikoanalyse für die maritime Wirtschaft in Bremen und Bremerhaven
Globale Warenströme sind von verschiedenen Risiken bedroht. Dabei spielt zunehmend auch der Klimawandel eine Rolle. So kann ein Extremwetterereignis in Südamerika zum Zusammenbruch der Lieferkette führen und Importeure in Europa in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.
Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) hat im Rahmen des Projekts BREsilient eine Betrachtung möglicher indirekter Klimafolgen für die global vernetzte maritime Wirtschaft und Logistik in Bremen und Bremerhaven durchgeführt. Hierbei wurden Wertschöpfungsketten analysiert, um zu ermitteln, welche Importgüter potenziell von Klimaveränderungen betroffen sein könnten.
Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass hauptsächlich Eisenerze, Steinkohle, Mineralölerzeugnisse, Metallwaren und Kaffee nach Bremen und Bremerhaven importiert werden.
Kaffee nahm unter den Importgütern im Jahr 2016 den ersten Platz nach Warenwert und den fünften nach Gewicht ein. Der importierte Kaffee stammte dabei maßgeblich aus Brasilien (35 %), Vietnam (18 %) und Honduras (10 %). Gerade diese Länder wurden in der jüngsten Vergangenheit von Extremwetterereignissen getroffen. So war Vietnam im Jahr 2016 eines der am stärksten betroffenen Länder und belegte den fünften Platz im Global Climate Risk Index (CRI).
Neben kurzfristig auftretenden Wetterereignissen sind die Wertschöpfungsketten aber auch durch langfristige Klimaveränderungen bedroht. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) führt hierzu eine literaturbasierte Analyse der Risiken in den produzierenden Ländern durch. Gerade Kaffee ist direkt durch mögliche Veränderungen der klimatischen Bedingungen sowie indirekt durch den Rückgang der Bestäubung durch Bienen betroffen. Im Allgemeinen wird für Kaffee durch die Klimaveränderungen in allen Breitengeraden von einem Verlust an Anbaugebieten ausgegangen.
Die Kaffeesorte Arabica ist hitzesensibel und kann in höhere Lagen migrieren, während die Sorte Robusta nur geringe Temperaturschwankungen verträgt, die künftig voraussichtlich zunehmen werden.
Es wird befürchtet, dass die für Bremen und Bremerhaven wichtigen Anbaugebiete in Brasilien und Vietnam zukünftig wegfallen oder stark zurückgehen könnten. Insgesamt gehen Experten bis 2050 von einem Rückgang von bis zu 73 – 88 % der für Kaffee geeigneten Anbauflächen in Lateinamerika aus.
Neben den indirekten Auswirkungen durch Extremwetterereignisse und Klimaveränderungen in den exportierenden Ländern ist die maritime Wirtschaft und Logistik auch durch direkte, regionale Ereignisse bedroht. So kam es beispielsweise im Herbst 2017 durch Salznebel zu mehreren Zugausfällen auf der Strecke Bremen-Bremerhaven mit negativen Auswirkungen auf den Güterverkehr.
Welche Erfahrungen Logistiker und Importeure mit Extremwetterereignissen gemacht haben – sowohl vor Ort als auch in den internationalen Lieferketten – und wie sie mit den bevorstehenden Klimaveränderungen umgehen, ist Gegenstand einer Reihe von Interviews, die ISL und IÖW in den kommenden Monaten mit Akteuren aus den Bereichen LKW-/Bahn-/Binnenschiffbetrieb, Hafenterminal und Import führen werden.
Die Analysen beider Institute sowie die anstehenden Interviews sollen auf die Risiken möglicher Klimafolgen aufmerksam machen und die Akteure dabei unterstützen, Maßnahmen zu entwickeln, um besser auf Extremwetterereignisse und Klimafolgen reagieren zu können. Für die maritime Wirtschaft ist ein effizientes Risikomanagement unabdingbar – Risiken müssen identifiziert und mit Eintrittswahrscheinlichkeiten und Auswirkungen bewertet werden. Mögliche Maßnahmen könnten in einer breiteren Aufstellung der Lieferantenstruktur und einer Vergrößerung von Lagerflächen bestehen. Unternehmen, die bei einem Ereignis effektive Maßnahmen einsetzen können, sind widerstandsfähiger gegenüber Störungen und können anschließend schneller zum Normalbetrieb zurückkehren.
Ein Artikel von Rainer Müller – Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL)