„Straßenbäume sind die flächendeckende Begrünung der Stadt, von der alle profitieren.“

Iris Bryson ist im Bremer Umweltressort für Planungsprojekte im öffentlichen Grün zuständig. Als Fachexpertin hat sie die Kosten-Nutzen-Analysen im Rahmen des Projekts BREsilient mit unterstützt.

Frau Bryson, das „Handlungskonzept Stadtbäume“ gehört zu den Schlüsselmaßnahmen der Klimaanpassungsstrategie für Bremen und Bremerhaven. Welche vielseitigen Funktionen erfüllen Straßenbäume in der Stadt?

Wenn wir von Straßenbäumen im Zuge des Klimawandels reden, kommen meist Funktionen wie Feinstaubbindung, CO2-Bindung, Verschattung und Verdunstungskühlung zur Sprache. Aber Straßenbäume sind noch so viel mehr. Straßenbäume sind die flächendeckende Begrünung der Stadt, von der alle – oft auch nur unbemerkt – profitieren. Während Grünanlagen örtlich begrenzt sind, können Straßenbäume die gesamte Stadt durchziehen; sie flankieren Straßen und gestalten Plätze. Von oben betrachtet, legen sie sich wie ein grünes Netz über Stadt. Von diesem Gedanken ausgehend, spenden Straßenbäume netzartig über die gesamte Stadt Schatten, kühlen die Stadt herunter, fördern Kaltluftschneisen und bieten ein ökologisches Verbundsystem für Insekten, Vögel, Bienen, Spinnen, Wirbeltiere und Pilze.

Neben den ökologischen Faktoren sind Straßenbäume für den Menschen Liebhaberobjekte, Streitobjekte, Wohlfühlobjekte, Gefahrenobjekte. Bäume sind Arbeitsplatz, Spielplatz, Ruheoasen und Gedenkstätten. Sie verbinden, bewegen, entzweien, Spenden Freude und machen Arbeit. Die einen lieben es, wenn der Wind durch die Blätter rauscht, die Krone im Sommer das heiße Schlafzimmer verschattet und sich das Laub im Herbst gelb und rot färbt. Mit Liebe hegen und pflegen diese Menschen den Baum vor Ihrer Haustür und geben ihm eine extra Portion Wasser. Die anderen haben kein Verständnis dafür, wenn Bäume Räume verschatten, das Laub im Herbst die Straße verdreckt und bei Wind und Sturm auch mal die Gefahr von Astbruch besteht.

Baumscheiben sind Blühwiesen und Lebensraum, aber leider auch Fahrradständer, Parkplatz und Müllablageplatz. Sie nehmen Oberflächenwasser auf und werden zukünftig als Baumrigolen Starkregenereignisse puffern.

All das ist es wert, Altbäume zu erhalten und um gute, qualitativ hochwertige Neupflanzungen zu kämpfen. Deshalb arbeite ich an dem „Handlungskonzept Stadtbäume“.

Zu Ihrem Aufgabengebiet gehören Planungsprojekte im öffentlichen Grün. Können Sie kurz vorstellen, welche Projekte derzeit in Bremen planerisch umgesetzt werden?

In 2018 und 2019 wurde von der Stadt Bremen zusammen mit den Büros Elbberg Stadtplanung, BPR und Bruun & Möllers Landschaftsarchitekten der „Masterplan Vorderes Woltmershausen“ erarbeitet und Anfang 2020 von der Bürgerschaft beschlossen. Der Masterplan sieht neben der zukunftsfähigen Entwicklung ehemaliger Gewerbegebiete zur produktiven Stadt mit Wohnen und verträglichem Gewerbe die Entwicklung der Grünanlage „Gleispark“ vor. Der „Gleispark“ ist der Motor des Plangebietes und wird die Aufgabe haben, vorhandene Grünstrukturen außerhalb des Plangebietes zu vernetzen sowie vorhandene Quartiere mit neuen Quartieren und Schulstandorten im Plangebiet zu verbinden. Die weitere Planung, Finanzierung und Umsetzung des „Gleisparks“ wird eine wichtige Aufgabe der Grünordnung in Bremen in den nächsten Jahren sein.

Ein weiteres wichtiges Projekt ist die Sanierung und Umgestaltung der grünen Quartiersachsen im Sanierungsgebiet Huckelriede im Bremer Süden. Die Grünanlagen verbinden verschiedenste Einrichtungen im Quartier, unter anderem Wohngebiete, Quartierszentrum, Kindertagesstätte, Grund- und Oberschule, Pflege- und Sporteinrichtungen und weitere. Einerseits dienen die Grünverbindungen der fuß- und radläufigen Erschließung, andererseits sind sie Begegnungs- und Aufenthaltsraum. Ziele der Umgestaltung sind die Schaffung von Barrierefreiheit und die Anpassung der Wegeführungen an die moderne Mobilität sowie die Aufwertung von Ausstattungselementen und Aufenthaltsräumen.

Neben diesen zwei beispielhaften Projekten setzen wir viele weitere Sanierungs- und Umgestaltungsprojekte in vorhandenen Grünanlagen um, insbesondere zur Verbesserung der fuß- und radläufigen Grünverbindungen und zusätzliche Baumpflanzungen vor dem Hintergrund der Klimaanpassung.

Wie können die Ergebnisse der BREsilient-Kosten-Nutzen-Analysen in Bremen künftig genutzt werden?

Die Kosten-Nutzen-Analyse zeigt die Wertschätzung der Menschen für Straßenbäume und für Grün in der Stadt, auch unabhängig davon, ob der errechnete, finanzielle Nutzen letztendlich wirklich realistisch ist oder nicht. Das finde ich neben den Ökosystemleistungen der Straßenbäume ein wichtiges, zusätzliches Argument, das helfen kann, bei der in Bremen beschlossenen Innenverdichtung und bei neuen Wohn- und Gewerbegebieten Investoren davon zu überzeugen, auch verstärkt in die Begrünung der Quartiere zu investieren.