„Menschen, die bisher noch nie von Starkregen betroffen waren, sehen häufig keinen Grund, warum sie sich mit dem Thema beschäftigen sollten.“
Im Interview spricht Dr. Torsten Grothmann von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg über den Mehrwert von Bürgerbeteiligungsprozessen und die Rolle der Universität im Forschungsprojekt BREsilient.
Können Sie den Beitrag der Universität Oldenburg für das Projekt BREsilient kurz beschreiben?
Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf der wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der vielfältigen Prozesse zur Beteiligung von Akteuren aus Bevölkerung, Verwaltung und Wirtschaft im Projekt BREsilient. Wir versuchen, über die Erkenntnisse aus der Partizipationsforschung und mit Hilfe der Ergebnisse aus den Fragebögen, die die Teilnehmenden der Beteiligungsveranstaltungen ausfüllen, zu einer weiteren Verbesserung der Qualität der Beteiligungsprozesse beizutragen.
Welche Erfahrungen gibt es bisher mit Bürgerbeteiligung in den Bereichen Hochwasserschutz bzw. Starkregenvorsorge?
Es gibt zwar einige Erfahrungen, aber leider nur wenige wissenschaftlich fundierte Evaluationen dieser Beteiligungsprozesse. Diese Forschungslücke wollen wir mit unserer Arbeit auch etwas schließen. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass es oft schwer ist, alle potenziell Betroffenen dazu zu bewegen, zu Beteiligungsveranstaltungen zu erscheinen. Insbesondere die Menschen, die bisher noch nie von Hochwasser oder Starkregen betroffen waren, sehen häufig keinen Grund, warum sie sich mit dem Thema beschäftigen sollten. Daher ist oft ein sehr großer Aufwand notwendig, um sie zu erreichen. Weiterhin zeigt sich in verschiedenen Beteiligungsprozessen, wie wichtig es ist, einen Dialog „auf Augenhöhe“ zu ermöglichen, in dem Wünsche, Anliegen und auch Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden. Hier muss manchmal auch erst Vertrauen in Politik und Verwaltung aufgebaut werden.
Warum ist es in Projekten zum Thema Überschwemmungsschutz sinnvoll, Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen?
Neben der Aufgabe, über bestehende Überschwemmungsrisiken aufzuklären, kann Bürgerbeteiligung vor allem dazu beitragen, gesellschaftlich akzeptierte Lösungen zum Überschwemmungsschutz zu identifizieren. Der Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern kann zudem dabei helfen, zu klären und gegebenenfalls auch auszuhandeln, welche Schutzleistungen in Zeiten des Klimawandels und steigender Überschwemmungsrisiken der Staat erfüllen kann und welche Schadenvorsorge bei den Bürgerinnen und Bürgern selbst liegt. All dies kann dazu beizutragen, die Resilienz, das heißt die Widerstandskraft, gegenüber Überschwemmungsrisiken zu steigern.